Lauf-Adventskalender 2015, 9. Türchen -Intervalltraining, Teil 2.-

Über das Wesen/ die Grundzüge des Intervalltrainings kannst du in dem Beitrag hinter dem 5. Türchen dieses Lauf-Adventskalenders nachlesen.

Im heutigen Teil 2. geht es um intensives Intervalltraining zur Schulung der sogenannten wettkampfspezifischen Ausdauer (WSA).

Merkmale des WSA-Trainings

Das Lauftempo im WSA-Bereich ist höher als im GA 2-Bereich und noch höher als beim GA 1-Training. Die hohe Intensität erfordert eine schnelle Energiebereitstellung. Deine Muskeln werden maximal mit Sauerstoff versorgt. Dies reicht beim WSA-Training aber bei Weitem nicht mehr aus. Der Großteil der Energie muss also anaerob, ohne Sauerstoff, durch Abbau des Glykogens unter Bildung von Laktat hergestellt werden. Das geschieht übrigens außerhalb der Mitochondrien, im Zytoplasma (das war mir lange nicht klar 😳 ).

Die Pace, bei der dein Körper es gerade noch schafft, das anfallende Laktat gleichzeitig wieder abzubauen (maximales „Laktat-Steady-State“) markiert die sogenannte „anaerobe Schwelle“. Je schneller du dann noch läufst, um so mehr Energie wird anaerob hergestellt.

Im Gegensatz zum Intervalltraining im GA 2-Bereich findet das WSA-Training jenseits der anaeroben Schwelle statt. Die Laktatabbaurate ist hier kleiner als die Laktatbildungsrate.  Das sich anhäufende Laktat führt peu á peu zu einer Übersäureung (Laktat = Milchsäure 😉 ) der Beinmuskulatur.  Deine Beine werden zunehmend „schwerer“, du wirst langsamer, bis du den Lauf abbrechen oder deutlich langsamer werden musst 🙁 .

Das schnelle Laufen stellt höhere Anforderungen an die Laufkoordination. Eine schlechte Lauftechnik kann hier ebenfalls limitierend wirken.

Intensives Intervalltraining erfordert die Bereitschaft, sich „quälen“ zu wollen und zu können. Die intensive Belastung ist zwar relativ kurz, sie tut aber unter Umständen weh 🙁 . Der mentale Aspekt ist vor diesem Hintergrund sehr wichtig.

Strecken- und Pausenlängen

Für die „reinen“ Ausdauerläufer -damit meine ich Läufer, die an Wettkämpfen ab 5 km Länge teilnehmen- eignen sich am besten Intervalle zwischen 400 m und 1.000 m Länge. Ein sloches Training kann bevorzugt auf der Tartanbahn im Stadion durchgeführt werden.

Im Rahmen einer „klassischen“ Marathonvorbereitung können auch längere intensive Intervalle bis zu 3.000 m pro Intervall zum Einsatz kommen.

Die Pausenlänge hängt von der Länge der jeweils zu laufenden Intervalle ab. Sie kann entweder in Sekunden (z.B. 1:30 Min.) oder in Metern (z.B. 200 m) definiert werden. In der Regel wird in den Pausen getrabt (Trabpausen).

Beispiele

  • 8 x 400 m mit jeweils 200 m Trabpausen
  • 5 x 800 m mit jeweils 400 m Trabpausen
  • 4 x 1.000 m mit jeweils 600 m Trabpausen

Die Intensität wird durch die Anzahl der Intervalle oder die Länge der Trabpausen bestimmt. In der Regel bietet es sich an, nur einen dieser Parameter im Rahmen der Trainingsprogression anzupassen. Die jeweils zu laufende Pace kann anhand der Wettkampfzeiten (z.B. 10 km-Rennen) und des Zeitpunktes innerhalb der Trainingsperiodisierung ermittelt werden. Diese ist allerdings nur als Anhaltspunkt zu verstehen. Vorgehende Belastungen, zum Beispiel kurzes intensives Kraftausdauertraining, und/ oder die Tagesform sind unbedingt zu berücksichtigen!

Ziele

Das intensive Intervalltraining verfolgt im Wesentlichen das Ziel, die anaerobe Schwelle zu verschieben. Im einzelnen zielt das WSA-Training, ausgehend von seinen oben dargestellten Merkmalen, auf Folgendes ab:

  1. Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Das Überschreiten der anaeroben Schwelle setzt deinen Körper massiv unter Stress. Die beteiligten Funktionssysteme (Herz-Kreislauf, Lunge, Muskeln, Immunsystem, das zentrale und das vegetative Nervensystem) werden stark beansprucht, damit du die Trainingsbelastung fortsetzen kannst. Es erfolgt eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen (Katecholaminen), insbesondere von Noradrenalin. Dein Körper ist grundsätzlich bestrebt, sich an solche Belastungen besser anzupassen. In den Erholungsphasen nach dem Training finden daher die dafür notwendigen Aufbau-/Anpassungsprozesse statt (Superkompensation). Eine wesentliche Anpassung besteht in der Fähigkeit, noch mehr Sauerstoff aufzunehmen (Lunge), ihn mit dem Blut zu den Muskeln zu transportieren (Herz-Kreislauf, Kapillarisierung = erhöhte Sauerstofftransportkapazität) und in der arbeitenden Muskulatur zu verwerten (mehr Mitochondrien, verstärkte Aktivierung der aeroben Stoffwechselenzyme).
  2. Verbesserung der Laktattoleranz. Über die Atmung (Kompensation des abfallenden pH-Wertes durch Abatmung von Kohlendioxid -CO2-) und die Pufferkapazität des Blutes (vorübergehende Normalisierung des pH-Wertes durch bestimmte Substanzen im Blut, insb. Bikarbonate, Proteine und Phosphate) wird im Zusammenspiel mit bestimmten Hormonen (vegetatives Nervensystem) das anfallende Laktat  kompensiert, also wieder abgebaut. Der Abbau erfolgt -zum Teil- über die (Rück-)Verwandlung in Glucose (= Gluconeogenese). Diese steht dir als Energielieferant (Substrat) wieder zur Verfügung. Was über die Atmung nicht kompensiert werden konnte, wird später zusätzlich über die Nieren ausgeschieden (dafür ist u.a. Zink wichtig 💡 ).
    Je besser diese Kompensationsmechanismen, die durch das intensive Intervalltraining verbessert werden, funktionieren, umso länger schafft es dein Körper, im „Laktat-Steady-State“ zu bleiben; auf gut deutsch: umso später übersäuern deine Beinmuskeln 😀 .
  3. Weitere Verbesserung der Laufökonomie. Die bereits beim GA 2-Training stattfindende Verbeserung der muskulären Koordination (intra- und intermuskulär) wird weiter optimiert. Der durch neue Reize intensivierte Informationsaustausch zwischen den Muskeln und dem zentralen Nervensystem führt zu einer verbesserten Ansteuerung der beteiligten Laufmuskulatur. Es werden zusätzlich weitere Muskelfasern, zunehemd die schnellzuckenden „weißen“ Fasern (sogenannte Fast-Twich-Faser „FT-Faser“), hinzugeschaltet. Du bewegst dich dadurch ökonomischer, d.h. du verbrauchst weniger Energie und verringerst den Kraftaufwand.
  4. Mentale Stärke, Gewöhnung an intensive Belastungen. Im Rahmen des intensiven Intervalltrainings läufst du (tlw. deutlich) schneller als im Wettkampf. Indem du dich zunehmend an solche intensiven Belastungen im Training gewöhnst, entwickelst du eine gewisse Leidensfähigkeit und erhöhst deine Schmerztoleranz. Diese Fähigkeiten helfen dir, im Wettkampf länger durchzuhalten. Ein gut ausgeprägtes Durchaltevermögen ist z.B. beim Marathon „Gold wert“.

Um diese Ziele zu erreichen, ist ein mehrmonatiges, regelmäßiges Intensitätstraining erforderlich 🙁 .

Was solltest du unbedingt beachten?

Das Training in höheren Intensitäten setzt Folgendes voraus:

  1. Gut ausgeprägte Grundlagenausdauer
  2. Bereits regelmäßiges Training im Bereich der Grundlagenausdauer 2
  3. Gewissenhaftes Aufwärmen vor und  Abwärmen nach dem Training.

Da diese Trainingsform deinen Körper stark beansprucht, solltest du dir danach eine ausreichende Regenerationszeit gönnen. Mein intensives  Intervalltraining findet in der Regel Mittwochs statt -also maximal einmal in der Woche-. Aus diesem Grund ist der Donnerstag seit Jahren mein trainingsfreier Tag 😛 .

„Freizeitläufer“ und intensives Intervalltraining?

Während das Training der Grundlagenausdauer 2 auch Freizeitläufern einen Mehrwert bieten kann, kann ich das von dem hier vorgestellten intensiven Intervalltraining nicht unbedingt behaupten.

In der Mehrzahl der Fälle liegt die Motivation der „Freizeitläufer“ im Fett- und/ oder Stressabbau. Effektiver Fettabbau ist zwar auch mit Hilfe intensiver Intervallläufe möglich. Diese sind jedoch deutlich kürzer. Darauf gehe ich noch in einem der weiteren Türchen dieses Lauf-Adventskalenders ein 😀 .

joker   Joker:

Bring etwas Abwechslung in dein intensives Intervalltraining, indem du vor oder nach jedem zu laufenden Intervall noch eine kurze „Krafteinlage“ einbaust. Das können zum Beispiel 10 Liegestütze oder 5 Burpees (oder Beides 😀 ) sein. Damit beziehst du deinen ganzen Körper ins Training mit ein und nicht nur deine Beinmuskeln. Die Energieflussrate erhöht sich dadurch zusätzlich.

Einen aktiven und entspannten Tag wünscht dir

Dein Peter Buchmann

 

Foto: Pixelio.de, © Lupo, „Sanduhr.. …“ und © Uta Herbert, „joker“

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