Der Trainingsplan

Es gibt wenig ambitionierte Läufer bzw. Sportler im Allgemeinen, die ohne einen Trainingsplan trainieren. Wenn man erfahren ist und weiß, welche Trainingsinhalte in einen Mikro- (i.d.R. 1. Woche), Meso- (ca. 8-12 Wochen) und Makrozyklus (1 Jahr) integriert werden müssen bzw. sollten, bekommt man es auch ohne einen schriftlichen Trainingsplan hin. Dieser ist nämlich im Kopf vorhanden. Entsprechende Leistungssteigerungen sind trotzdem möglich. Für die meisten Sportler bietet der schriftliche Trainingsplan jedoch eine gute Trainingsgrundlage.

Trainingsplan von der Stange?

Ich halte nicht sehr viel von pauschalen Trainingsplänen, die man sich überall im Internet kostenlos herunterladen und ausdrucken kann. Diese berücksichtigen nämlich nicht die Besonderheiten, die jeder Athlet mit sich bringt, und auf die der Trainer bei der Trainingsplanerstellung unbedingt eingehen sollte. Dies kann z.B. sein:

  • An welchen Wochentagen kann der Athlet trainieren?
  • Wie oft wird in der Woche trainiert?
  • Wann sind welche Wettkämpfe geplant? Passen diese überhaupt in die Planung rein, insbesondere im Hinblick auf den wichtigsten „A-Wettkampf“?
  • Übt der Athlet neben dem Laufen oder jeder anderen Sportart noch einen anderen Sport aus?
  • Wie ist die bisherige Entwicklung des Athleten?
  • Seit wann trainiert der Athlet und wie alt ist er?
  • Welche Wettkampfzeit strebt der Athlet an? Ist diese realistisch auf Basis der bisher erzielten Wettkampfzeiten?
  • Usw. Diese Aufzählung ließe sich mit Sicherheit fortsetzen.

Andererseits dürfte ein Plan von der Stange immer noch besser sein als ganz planlos zu trainieren.

Was sollte ein guter Lauf-Trainingsplan beinhalten?

In einem individualisierten Trainingsplan sollten die oben aufgeführten Aspekte Berücksichtigung finden. Darüber hinaus sollte der Trainer bei der Festlegung der einzelnen Tempi (Pace) für die jeweiligen Trainingsinhalte die Vorlieben/ Stärken wie auch die Schwächen des Athleten kennen. Eine pauschale Ableitung von z.B. der 10km-Wettkmapfzeit stellt insofern kein Optimum dar. Ein auf der Kurzstrecke schneller Läufer, der bisher noch keinen Marathon oder Halbmarathon gelaufen ist, dürfte in der Halbmarathon-/ Marathonvorbereitung die schnellen Intervall-Läufe problemlos schafen. Extensive, ggf. längere Dauerläufe dürften für ihn wiederum zu langsam sein (von 30 – 35km Dauerläufen abgesehen). Ein anderer Läufer, der sich eher auf der Langstrecke wohl fühlt, dürfte hingegen bei den schnellen Trainingseinheiten Probleme haben, die geplante Pace zu halten. Die längeren Dauerläufe stellen für ihn eher kein Problem dar. Hier ist ein Austausch zwischen dem Athleten und dem Trainer sinnvoll, um Anpassungen vornehmen zu können.

Periodisierung und progressive Belastung

Ein guter Trainingsplan muss das Prinzip der Belastung und Erholung berücksichtigen. Die Belastung sollte dabei über einen gewissen Zeitraum, z.B. 3 Wochen, steigen und im optimalen Fall immer einen leicht überschwelligen Reiz setzen. Darauf sollte dann eine Erholungsphase, z.B. 1 Woche, folgen, in der deutlich weniger Umfang oder weniger intensiv trainiert wird. Die Anpassung deines Körpers findet nämlich nicht während der Trainingseinheiten statt, sondern in den Erholungsphasen!

Leicht überschwellige Reize setzen, das klingt ziemlich theoretisch, bedeutet im Prinzip aber nichts Anderes, als dem Körper etwas mehr abzuverlangen als er derzeit problemlos schafft.

Beispiel: Du läufst seit einem Jahr 3 x die Woche jeweils 10 km. Dein Körper kennt das, er muss sich nicht weiter anpassen. Läufst du plötzlich statt der gewohnten 10 km im gleichen Tempo 12 km, bedeutet das für deinen Körper einen (leichten) Stress. Damit hast du einen leicht überschwelligen Reiz gesetzt. Vielleicht bekommst du sogar einen leichten Muskelkater. Beim nächsten 12km-Lauf wird dein Körper aber vorbereitet sein 😉 .

Die Belastungsreize lassen sich auf mehrere Arten steuern (Belastungsnormative). Dies kann z.B.

  1. eine weitere Trainingseinheit in der Woche sein.
  2. Bei gleichbleibenden Trainingseinheiten kann die Laufstrecke variiert werden.
  3. Bei gleichbleibender Laufstrecke kann das Tempo erhöht werden.
  4. Bei Intervall-Läufen kann entweder das Tempo der zu laufenden Intervalle erhöht oder die Trabpausen verkürzt werden.

Wichtig ist, dass man gleichzeitig nur an einer Stellschraube dreht, um den Athleten nicht zu überfordern!

Welche Fähigkeiten muss der Athlet trainieren, um bei seinem Wettkampf erfolgreich zu sein?

Die Inhalte des Trainingsplans müssen auf die zu trainierenden Fähigkeiten eingehen. Welche das z.B. für den Marathon sind, kannst du hier nachlesen. Der Marathon-Trainingsplan sollte vor diesem Hintergrund nicht nur viele, lange Dauerläufe beinhalten, wie das bei den meisten „klassischen“ Trainingsplänen der Fall ist. Er sollte vielmehr auch schnelle Intervall-Läufe und intensive Wiederholungsläufe im GA2-Bereich sowie Kraft- und Kraftausdauertraining beinhalten.

Ein Trainingsplan für einen 10km-Wettkampf wird hingegen tendenziell kürzere, dafür aber intensivere Einheiten enthalten. Ein gut funktionierender Fettstoffwechsel ist bei einem 10km-Lauf weniger von Bedeutung als bei einem Marathon.

Muss der Trainingsplan unbedingt eingehalten werden?

Pauschal kann man die Frage mit einem NEIN beantworten. Versuche so gut es geht, den Trainingsplan einzuhalten, aber bleibe dabei locker und verkrampfe nicht.

In der Praxis ist es indes nicht einfach, nur eine gewisse Lustlosigkeit von ersten Anzeichen einer herannahenden Krankheit oder eines Übertrainings zu unterscheiden. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der ambitionierte Athlet es immer versuchen wird, den Trainingsplan zu erfüllen. Hier ist sicherlich ein gutes Gefühl für den eigenen Körper und eine gewisse Trainingserfahrung von Vorteil. Im Zweifelsfall empfehle ich immer, lieber eine Trainingseinheit ausfallen zu lassen als Gefahr zu laufen, sich zu überfordern und durch eine Krankheit, eine Verletzung oder Übertraining viel länger pausieren zu müssen.

Wer Sklave seines Trainingsplans ist, wird früher oder später die Lust am Training verlieren. Um es nicht so weit kommen zu lassen, solltest du ruhig den Mut dazu haben, eine Trainingseinheit, oder auch mehrere, ausfallen zu lassen. Mache dann aber nicht den Fehler, diese Einheit(en) unbedingt nachholen zu wollen. Das kann nur schiefgehen. Eine Option könnte ggf. ein sinnvoller Tausch der Trainingseinheiten innerhalb eines Mikrozyklus sein. Achte aber darauf, dass dies auch wirklich geht! Ein intensives Intervall-Training am Freitag und ein langer Dauerlauf am Samstag wäre beispielsweise suboptimal.

Trainierst du nach einem Plan? Wenn ja, hast Du einen personalisierten Plan oder einen „von der Stange“? Hältst Du dich strikt an deinen Trainingsplan oder hast du auch „den Mut“ dazu, auch mal eine oder sogar mehrere Trainingseinheiten ausfallen zu lassen? Konntest du mit deinen Trainingsplänen bisher die angestrebten Ziele erreichen? Über Kommentare freue ich mich.

Dein Peter Buchmann

 

Foto: Buchmann-privat „Trainingsplan“

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