Alternative Marathonvorbereitung und ketogene Ernährung

In meinem Beitrag  „Den Weg als das Ziel erkennen“  beschreibe ich den Anfang und einen Zwischenstand nach 9 Wochen meiner diesjährigen alternativen Marathonvorbereitung (aMV). Heute, am 25.04.2020, habe ich das (vorläufige) Ziel erreicht. Einen Tag früher als ursprünglich geplant bin ich meinen „Corona-Marathon“ gelaufen. Es war genauso wie ich es im vorgenannten Beitrag bereits vor 3 Wochen antizipierte. Ich erreichte das Ziel mit einem Gefühl der Erleichterung, es wieder einmal geschafft zu haben. Es fühlte sich wieder herrlich an. Ich wurde wieder AK M50-Sieger und Gesamtsieger 😎 . Es gab auch diesmal keine Zuschauer an der Strecke. Dafür kam unser Vereinsvorsitzender extra vorbei, um für mich den Startschuss abzugeben . Kleiner Scherz 😛 , Klaus absolvierte gerade selber sein Training und wir quatschten kurz, bevor ich mich in Bewegung setzte.

aMV und ketogene Ernährung

Während der ersten 4 Wochen meiner diesjährigen aMV ernährte ich mich very low carb bis ketogen. Wie stark ich anfangs in Ketose war, weiß ich nicht. Ich kaufte  ein Messgerät erst am Ende der dritten Vorbereitungswoche und begann erst ab diesem Zeitpunkt zu messen (Ketone bzw. genauer Beta-Hydroxybutyrat -BHB- und Blutglukosespiegel).  Ende der dritten und in der vierten Woche lagen die BHB-Werte zwischen 0,6 und 0,9 mmol/L. Unter low bis moderate carb  blieb ich trotzdem in leichter Ketose. Die Werte schwankten zwischen 0,2 und 0,7 mmol/L. Während meines, mittlerweile obligatorischen, 3 Tage-Keto-Fastens Anfang der 8 Vorbereitungswoche erreichte ich den bis dato höchsten BHB-Wert von 2,0 mmol/L.

Ursprünglich plante ich, auch in den Wochen 9 und 10 -ggf. auch 11- mich wieder ketogen zu ernähren. Dafür fehlte mir jedoch die Motivation. Vielleicht war es der Absage des Hannover-Marathons geschuldet.  Ich blieb bei low / moderate carb.

Meine Erfahrungen und mein vorläufiges Fazit:

Die ersten „langen Läufe“ (21 km) mit GA2-Intervallen fühlten sich sehr anstrengend an, und das, obwohl die GA2-Zeiten jenseits von „gut und böse“ waren. Auch das Training auf der Bahn und die HIIT-Läufe (siehe auch hier) fühlten sich nicht so an wie sonst immer. Ob es an der Ernährung/ den fehlenden Kohlenhydraten oder meinem, zu diesem Zeitpunkt eher bescheidenen, Fitnesszustand  lag, weiß ich nicht.  Ich spürte nicht nur beim Laufen, dass mir Energie fehlte. Auch beim Krafttraining fühlte ich eine gewisse Schwäche, die ich so in dieser Form bisher nicht kannte.

Daraus schließe ich, zumindest vorläufig, dass sich meine aMV und ketogene Ernährung im Großen und Ganzen nicht gut vertragen. Während ich es mir vorstellen kann, dass mein Lauftraining auch in Ketose noch darstellbar ist, dürfte es beim Krafttraining eher nicht funktionieren. Die  Energiebereitstellung, vornehmlich die  Glykolyse (aerob, tlw. auch anaerob), setzt das Vorhandensein von ausreichend Glukose im Blut bzw. Glykogen in der arbeitenden Muskulatur voraus. Auch, wenn mir bekannt ist, dass Sportler, die sich rein ketogen ernähren, trotzdem -im Vergleich zu „high carb-Sportlern“- normale Glykogenspeicher aufweisen (können!), kann ich es für mich derzeit nicht bestätigen. Vielleicht war  die Testphase, diese 4 Wochen, zu kurz.

Einfluss des Lauftempos auf die Blutketon- und Blutglukosewerte

Eine interessante Feststellung machte ich im Zusammenhang mit der Korrelation (ob es ein kausaler Zusammenhang ist, kann ich noch nicht sagen) zwischen dem Tempo beim Training, hier wieder den 21 km-Läufen, und den BHB- und Blutglukosewerten.

In den Wochen 5, 6 und 7 baute ich neben den GA2-Intervallen, die überwiegend im aeroben Bereich (mit ausreichend Sauerstoff, ohne Laktatbildung) gelaufen werden,  auch insgesamt 3 Kilometer im HM-Renntempo (Halbmarathon-Renntempo) in den Lauf ein. Das HM-Renntempo ist bei mir ca. 20 – 25 sec. schneller als  das GA2-Tempo.  Diese 3 Kilometer (3 x 1 km jeweils am Ende des jeweiligen GA2-Intervalls) reichten aus, um den BHB-Wert auf 0,4 mmol/L (zweimal, einmal 0,6 mmol/L) zu drücken und dafür meinen Blutglukosewert auf 122, 123 und wieder 122  mg/dl ansteigen zu lassen. Daraus schlussfolgere ich, dass ich im HM-Renntempo  deutlich mehr Glukose benötige und verbrauche als das im reinen GA2-Tempo der Fall ist. Da ich meine 21 km-Läufe immer nüchtern absolviere, sind die Glykogenvorräte bereits vor dem Training zum Großteil entleert. Um dem Körper die für die Energiebereitstellung offensichtlich erforderliche Glukose zu liefern, wird die Glukoneogenese, also Glukosebildung aus Laktat, Eiweiß und Glycerin, deutlich hochgefahren. Das Erstaunliche ist, dass die relativ hohen Blutglukosewerte auch noch 4 Stunden nach dem Training nicht signifikant absanken. Mit dieser Erkenntnis werde ich im Rahmen der 21 km-GA2-Läufe keine Intervalle mehr im HM-Renntempo  absolvieren.

In den Wochen 9, 10 und 11 betrugen die Werte  BHB / Blutglukose (ohne HM-Renntempo-Intervalle): 0,7/102, 0,6/106 und  0,4/112.

Nach dem heutigen Marathon maß ich trotz Frühstücks und einer relativ KH-reichen Verpflegung während des Rennens einen BHB-Wert von 0,6 mmol/L und Blutglukose von 88 mg/dl; spannend, wie ich finde 😀 .

Ach so, meine / die Siegerzeit 😎 :  3:23:32 h nach exakt 42,2 km. Da ich aus Erfahrung der letzten Jahre/ Marathons weiß, dass meine GPS-Uhr meistens um die 400 m mehr anzeigt als die offizielle Strecke, lief ich heute 42,6 km in einer Zeit von 3:25:22.

Diese Zeit geht in meine Annalen ein. Der Lauf fühlte sich beim besten Laufwetter vom Anfang an sehr gut an. Die Fehler des letzten Marathons in Essen im Oktober 2019 waren noch sehr präsent  und so gelang es mir, sie diesmal zu vermeiden. Ich schaffte es wieder einmal, das erste Mal seit 8 Jahren, einen Negativsplit zu laufen. Das heißt, ich lief die zweite Hälfte schneller (wenn auch nur minimal) als die erste. Wenn das nichts ist 🙂 .

Dein Peter Buchmann

 

Titelfoto: Buchmann „Alternative Marathonvorbereitung“, Foto im Text: Buchmann „Corona-Marathon-Zeit 2020“

 

7 Gedanken zu „Alternative Marathonvorbereitung und ketogene Ernährung“

  1. Peter, Wahnsinn. Dein Wille ist unglaublich stark. Es ist beeindruckend zu sehen und zu lesen, was du umsetzt – für dich.
    Danke, dass du das alles hier teilst. 🙂

  2. Hallo Peter,

    Respekt…einen Marathon durchzuziehen ohne Wettkampf. Ich konnte mich immerhin zu einem 10 KM Lauf motivieren in Wettkampfgeschwindigkeit.
    Ich habe übrigens in den letzten Wochen ähnliche Erfahrungen gemacht wie Du bzgl. Ketose bzw. LC und Laufen. OK, ich habe nicht gemessen, aber ich habe in Ketose (ich habe 3 Wochen strikt ketogen gegessen) ca. 10 bis 15 Sekunden mehr für einen KM gebraucht und 5 Herzschläge mehr gehabt als wenn ich meinen „Strammen Max“ frühstücke mit 2 Scheiben Sauerteigbrot und eben 50g Carbs. Bei eben gefühlt gleicher Beanspruchung. Finde ich eine sehr interessante Feststellung.
    Theorie: Der Körper muss in Ketose von Anfang an viel mehr Beta-Ox betreiben und braucht daher mehr Sauerstoff. Daher die HF+5 …steht alles ein bisschen im Widerspruch zur FASTER-Studie wie Du auch schreibst. Irritiert mich 😉 …wo ich ja schon viele Jahre LC lebe…

    VG,
    Robert

    1. Hallo Robert,
      vielen Dank. Wie war es bei deinem 10 km-Lauf unter Wettkampfbedingungen? Hast Du die 40 Min.-Grenze unterschritten?
      Meine Haupterkenntnis in Bezug auf ketogene Ernährung und Sport/Laufen ist bisher, dass man in Ketose die aerobe Schwelle möglichst nicht überschreiten sollte. Sobald das passiert, fährt der Körper die GNG hoch und bleibt dabei noch relativ lange nach dem Sport. Die BHB-Werte sinken dabei wieder (ist ja auch logisch in Anbetracht der vorhandenen Glukose). Dieser Zustand sollte m.E. vermieden werden.

      Viele Grüße
      Peter

  3. Hallo Peter,

    mein Zehnkilometerlauf war mit 43min ganz ok. Die Darminfektion anfang des Jahres hat sehr viel Kraft und somit Zeit gekostet. Und ich durfte dann auch kein HIT-Training im Feb/März machen…generell nur sehr piano.
    Das mit aerober Schwelle sehe ich genauso. Ggf. startet der Körper nicht gleich mit GNG, aber er gibt Glukose aus der Leber in den Kreislauf. Die Leber speichert ja bis zu 150g Glukose, GNG wird dann anspringen, wenn dieser Vorrat runter geht. Die Muskeln speichern bei trainierten Menschen ja auch nochmal 250-300g Glukose. Auch bei einem LCler 😉

    VG,
    Robert

    1. Hallo Robert,
      Glückwunsch! Wenn man bedenkt, dass Du vor nicht allzu langer Zeit noch nicht einmal dazu in der Lage warst, mehrere Kilometer am Stück zu laufen…

      Das mit der GNG sehe ich prinzipiell genauso wie du. Allerdings wird die Leber am Morgen einen Großteil des Vorrats bereits verbraucht haben. Bei meinen GA2-Intervallen zapfe ich vermutlich schnell die Glykogenspeicher in der Beinmuskulatur an. Diese reichen wahrscheinlich trotzdem lange aus, solange ich aerob bleibe. Werde ich anaerob, reicht das gespeicherte Glykogen definitiv nicht aus, deshalb die hohen Blutglukosewerte nach dem Lauf mit den HMR-Tempo-Intervallen; so zumindest meine Interpretation.

      Viele Grüße
      Peter

  4. Spannender Bericht – bin vor über einem Jahr auf Keto umgestiegen, davor Low Carb. Meine Körperadaption brauchte 6 Monate, bis ich das einigermassen in den Griff bekam. Nach einem Jahr kann ich meinen Körper besser steuern/kontrollieren und versuche bewusst zwischen LC und Keto zu switchen, je nach Tag/Trainingsumfang und Wochenpensum.

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