Marathonvorbereitung – Teil 3

Im Teil 2 der Marathonvorbereitung habe ich den Lauf-Teil erläutert. Im 3 und (vorerst) letzten Teil zu diesem Thema gehe ich auf das begleitende Krafttraining ein.

Zum Thema Krafttraining gibt es unzählige Bücher und im Internet lassen sich mittlerweile noch mehr Informationen dazu finden. Um den Rahmen nicht zu sprengen, möchte ich daher hier nur auf die aus meiner Sicht wichtigsten, effektiven Übungen, die das Lauftraining sinnvoll ergänzen, eingehen. Bei diesen Übungen wird in der Regel die Kraftausdauer und die, im Teil 2 bereits erwähnte, Rumpfstabilität trainiert. Neben der Kraftausdauer kannst du beim Krafttraining auch die Schnellkraft oder die Maximalkraft trainieren, oder du legst den Fokus auf den maximalen Muskelaufbau. Da unsere Zielsetzung jedoch der Marathonlauf ist, also die AUSDAUER, bildet das Kraftausdauertraining den Schwerpunkt des begleitenden Krafttrainings.

Funktionelles Training ist Trumpf

Hierfür bietet sich hervorragend das funktionelle Krafttraining (Functional Training) an. Beim funktionellen Krafttraining werden im Gegensatz zum klassischen Gerätetraining nicht einzelne Muskeln, sondern ganze Muskelgruppen bzw. Bewegungsketten trainiert. Funktionelle Übungen zeichnen sich dadurch aus, dass diese mindestens zwei Gelenke beanspruchen und Bewegungen nachahmen, die sich in der Regel im Alltag wiederfinden lassen. Eine typische funktionelle Übung ist zum Beispiel die Kniebeuge. Bei der Kniebeuge werden neben dem Knie das Sprunggelenk und die Hüfte aktiviert. Jedes Mal, wenn du dich bspw. auf einen Stuhl setzt oder von diesem wieder aufstehst, machst du im Prinzip eine Kniebeuge.

Ein großer Vorteil funktioneller Übungen ist deren hoher Energieumsatz. Sie trainieren mehr Muskelmasse als das typische Gerätetraining und sind in der Regel intensiver. Funktionelle Kraftübungen sind für uns (und auch für andere Sportler) daher ideal.

Es gibt sehr viele funktionelle Übungen. Da oftmals weniger mehr ist, beschränke ich mich auf einige wenige, dafür aber sehr effiziente Übungen. Diese Übungen kannst du bequem zuhause machen und musst dafür nicht ins Fitnessstudio gehen. Falls du Mitglied in einem Fitnessstudio bist, spricht nichts dagegen dort weiterhin zu trainieren. Nur die Art der Übungen solltest du ggf. überdenken 🙂 .

Das Einzige, was du an Equipment benötigst, ist eine Gymnastikmatte. Sinnvoll ist auch eine Klimmzugstange; es sei denn deine Türen sind massiv genug und du kannst an der Tür Klimmzüge machen. Klimmzüge sind eine der effektivsten Zieh-Übungen für den oberen Rücken und den Bizeps.

Die nachfolgenden Kraftübungen meiner Wahl trainieren den ganzen Körper, auch die Beine. Da die Beinmuskulatur bereits durch das Laufen entsprechend beansprucht wird, sollte der Schwerpunkt im Rahmen des begleitenden Krafttrainings nicht unbedingt auf den Beinübungen liegen. Was die jeweilige Übungsausführung angeht, verweise ich dich auf die Seite „Fitnessübungen“ hier auf meiner Homepage. Darüber hinaus gibt es zahlreiche gute Bücher und andere gute Internetadressen.

Meine Favoriten:

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Wie oft, wie und wie lange solltest du das begleitende Krafttraining absolvieren?

Das Krafttraining sollte nach Möglichkeit 2 – 4 Mal pro Woche absolviert werden. Die Dauer des reinen Workouts, also der eigentlichen Krafteinheit, beträgt 4 – 20 Minuten. Du siehst also, dass nicht nur das Lauf-, sondern auch das Krafttraining „kurz gehalten“ wird. Wie beim Lauftraining liegt die Stärke des intensiven funktionellen Kraftausdauertrainings in seiner Effektivität. Wie lange du für das Aufwärmprogramm (Wurm-up) und das Abwärmen (Cool down) benötigst, ist individuell. Wenn du im Rahmen des Wurm-ups auch an deiner Beweglichkeit arbeitest, du also Mobilistationsübungen einbaust, und auch die Hartschaumrolle zum Einsatz kommen lässt, kann eine solche Trainingseinheit naturgemäß auch etwas länger dauern.

Auch beim Krafttraining solltest du deine Komfortzone öfter verlassen, das heißt die Übungen so gut es geht intensiv gestalten.

HIIT / Tabata

Eine effektive Methode für das funktionelle Kraftausdauertraining stellt das High Intensity Intervall Training, kurz HIIT (nicht zu verwechseln mit dem HIT –High Intensity Training), dar. Ähnlich wie beim Lauftraining wechseln sich auch hier Belastungsintervalle mit kurzen Pausen ab. Du kannst das HIIT bspw. in Form des „guten alten Zirkels“ gestalten. Dafür kannst du die oben genannten Übungen hintereinander ausführen. Du fängst zum Beispiel mit den Kniebeugen an, dann machst du Liegestütze, anschließend kommt der Frontstütz etc. Die Anzahl der Übungen sollte in der Regel 10 Übungen nicht übersteigen. Für ein effektives HIIT reichen aber auch schon 5 Übungen aus. Die Belastungs- und Pausenlänge kannst du beliebig variieren. Sinnvoll sind m.E. Belastungsintervalle zwischen 30 und 45 sec. Die Pausenlänge kann zwischen 30 und 15 sec. betragen. Bei längeren Intervallen dürfte die hohe Intensität nicht bzw. nur schwer zu erreichen bzw. aufrechtzuerhalten sein. Den Zirkel kannst du ein- bis zweimal durchführen. Bei 2 Durchgängen empfiehlt es sich, eine einminütige Pause zwischen dem ersten und dem zweiten Durchgang zu machen.

Eine andere Form des HIIT stellt das Tabata dar. Dieses Trainings-Protokoll wurde nach dem japanischen Wissenschaftler Izumi Tabata benannt. Er bewies, dass ein 4 minütiges hoch intensives Intervalltraining effektiver im Hinblick auf die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) ist als 60 Minuten moderates (also extensives) Ausdauertraining.

Beim Tabata wechseln sich 20 sec. Belastung mit 10 sec. Pause ab. Insgesamt werden 8 Intervalle durchgeführt, so dass man nach 4 Minuten fertig ist. Du kannst für das Tabata-Training entweder nur eine einzelne Übung nehmen oder dieses wie ein Zirkeltraining durchführen. Eine prädestinierte Übung hierfür ist bspw. das Burpee. Du kannst aber auch „nur“ Kniebeugen machen, um ganz schön ins Schwitzen zu kommen. Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Neben dem reinen Kraftausdauertraining empfehle ich dir, auch deine Maximalkraft zu trainieren. Mit den reinen Körpergewichtsübungen (Body Weight Exercises) wird es dir wahrscheinlich nicht gelingen, sehr viel Muskelmasse aufzubauen. Das ist aber mit Blick auf dein Ziel, den Marathonlauf, nicht weiter schlimm. Im Gegenteil es ist sogar gewollt.

Der Vorteil des Maximalkrafttrainings liegt zum einen an einer besseren Optik –ja, auch mit den Körpergewichtsübungen wirst du etwas muskulöser- und zum anderen wirkt sich das Maximalkrafttraining positiv auf deine Laufökonomie aus. Da es ebenfalls sehr intensiv ist, eignet sich das Maximalkrafttraining gut für die Schulung / Verschiebung der aerob-anaeroben-Schwelle.

Beim Maximalkrafttraining mit dem eigenen Körpergewicht stellt sich schnell die Frage nach den dafür geeigneten Übungen, denn die Anzahl der Wiederholungen pro Satz und Übung sollte hier maximal 6 bis 10 betragen. Ich weiß, dass hier viele aufschreien werden: „hey, Momentmal, die maximale Wiederholungszahl liegt hier doch bei 1 bis 6; und da habt Ihr auch Recht. Allerdings bezieht sich die Wiederholungszahl 1 bis 6 auf das Maximalkrafttraining mit Gewichten. Mit dem eigenen Körpergewicht ist es eher schwierig, die Übungsprogressionen so hinzubekommen, dass man eine bestimmte Übung nur ein einziges Mal schafft. Wenn du nicht gerade einarmige Liegestütze und einbeinige Kniebeugen (Pistols), jedoch locker deine 20 – 30 Liegestütze schaffst, fällt es dir ggf. auf Anhieb schwer, geeignete Übungen zu finden, bei denen du nach 6 bis 10 Wiederholungen „genug“ hast.

Da sich das Maximalkrafttraining meines Erachtens auf den Oberkörper beschränken sollte, denn die Beine werden durch das Lauftraining bereits ausreichend trainiert, suchen wir nach geeigneten Zieh- und Druck-Übungen. Hier kommen wieder die oben genannten Klassiker ins Spiel. Ich beschränke mich auf drei Übungen. Diese sind:

Liegestütze, Klimmzüge und Dips.

Die Liegestütze kannst du mit erhöhten Füßen absolvieren. Du kannst die Füße bspw. auf einen Stuhl stellen. Ist es zu einfach, stell die Füße auf eine relativ hohe Treppenstufe. Fällt dir auch das relativ einfach und du schaffst so locker mehr als 10 Wiederholungen, kannst zu den Handstandliegestützen übergehen. Diese musst du nicht freistehend ausführen, sondern kannst die Füße gegen eine Wand lehnen. Wenn du auch hierbei mehr als 10 Wiederholungen schaffst, bist du sehr gut trainiert; Hut ab. Da kann ich dir nur empfehlen, mit (Zusatz-) Gewichten weiter zu trainieren.

Die Klimmzüge stellen für viele eine große Herausforderung dar. 10 saubere Klimmzüge am Stück schafft bei Weitem nicht jeder. Solltest du allerdings zu denjenigen gehören, die es schaffen, kannst du mit Zusatzgewichten, bspw. einer Gewichtsweste, arbeiten. Eine andere Alternative wäre, die exzentrische Phase des Klimmzugs, also das Herunterlassen, deutlich langsamer auszuführen (4 – 6 sec.).

Es gibt auch genügend Progressionsmöglichkeiten bei den Dips. Einfache Dips an der Tisch- oder Stuhlkante bieten sich für Einsteiger an, die Ihre Trizepse bisher noch nicht so gut trainiert haben. Der nächste Schritt wären Dips am Barren. Da ein Barren in den wenigsten Haushalten zu finden sein dürfte, kannst du hierfür auch zwei stabile Stühle nehmen. Damit die Hände nicht wehtun, kannst du um die Rückenlehne jeweils ein Handtuch wickeln. Als eine weitere Progressionsmöglichkeit bieten sich Dips an Turnringen an. O.K., dafür wäre neben der Gymnastikmatte und der Klimmzugstange eine weitere Anschaffung erforderlich. Diese ist aber durchaus erschwinglich (Kosten unter 100 €, in der Regel unter 50 €). Übrigens, mit den Turnringen lassen sich auch noch weitere tolle Übungen machen 🙂 .

3 bis 4 Sätze pro Übung…

…mit jeweils ca. 3 Minuten Pause zwischen den Sätzen reichen meines Erachtens aus. Da die Übungen jeweils unterschiedliche Muskelgruppen trainieren (außer Trizepps, der sowohl bei den Liegestützen als auch bei den Dipps beansprucht wird), können diese jeweils als ein Supersatz ausgeführt werden. Du machst also zuerst Liegestütze, dann die Klimmzüge, dann die Dipps (1 Supersatz) und erst danach pausierst du 3 Minuten. Es ist aber auch möglich, zwischen den einzelnen Übungen Pausen einzulegen.

 

Zum Thema funktionelles Krafttraining werde ich noch weitere, vertiefende Artikel schreiben. Dies sollte nur der Einstieg in diese Thematik im Zusammenhang mit der alternativen Marathonvorbereitung sein.

Ich hoffe, ich konnte dir, als einem reinen Läufer ohne bzw. mit nur wenig Erfahrung mit dem Krafttraining neue Impulse liefern. Ich kann dir nur wärmstens empfehlen, das Krafttraining zu einem festen Bestandteil deines gesamten (Lauf)Trainings zu machen; auch wenn du (noch?) keinen Mararthon läufst. Der Zeitaufwand ist bei der oben beschriebenen Vorgehensweise relativ gering und die Vorteile sind enorm.

Falls du mit dem begleitenden Krafttraining bereits Erfahrungen gesammelt hast, würde mich freuen, wenn du diese mit mir teilen würdest. Auch, wenn du bisher „nur“ gelaufen bist und dem Krafttraining keine Aufmerksamkeit geschenkt hast, würde mich deine Meinung dazu sehr interessieren. So oder so freue ich mich über deinen Kommentar / dein Feedback.

 

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Damit sind wir „am Ende“ der 3-teiligen Serie zum Thema Marathonvorbereitung angekommen. Ich hoffe, ich konnte dir aufzeigen, dass neben dem klassischen Marathonvorbereitungstraining, das sicherlich gut funktioniert, es alternative, ggf. gesündere Möglichkeiten gibt. Die aus meiner Sicht gut funktionierende, sehr effektive Methode basiert zum einen auf kürzeren, dafür aber intensiveren Laufeinheiten und zum anderen auf einem begleitenden Krafttraining, insb. Kraftausdauertraining. Auch dieses ist kurz und intensiv. Sowohl beim Laufen als auch beim Krafttraining musst du allerdings öfter deine Komfortzone verlassen, um die nötigen Trainingsreize zu setzen. Die Vorteile dessen sind mehr Zeit, weniger Verletzungsgefahr und ggf. eine bessere Gesundheit (Hormonstatus).

Wie kombiniertst du nun sinnvoll das Lauf- mit dem Krafttraining?

Bei 4 – 5 Lauftrainingseinheiten und 2 – 4 Mal Krafttraining kommst du auf 6 bis 9 Trainingseinheiten pro Woche. Dies hört sich zwar nach viel an, der Zeitaufwand ist jedoch insgesamt relativ überschaubar.

Eine beispielhafte Woche kann wie folgt aussehen:

Wochentag Morgens Nachmittags
Montag Wiederholungslauf GA2-Bereich, kurz Kraftausdauer
Dienstag Kraftausdauer
Mittwoch Intervalltraining auf der 400m Bahn
Donnerstag Ruhetag
Freitag Lauf-HIIT Maximalkrafttraining
Samstag Wiederholungslauf GA2-Bereich, lang
Sonntag Kraftausdauer

 

Ob die alternative Marathonvorbereitung auch für neue Marathon-Bestzeiten geeignet ist, weiß ich noch nicht. Dies gilt es noch herauszufinden. Ich lade dich herzlich dazu ein 🙂 .

Abschließend möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass auch das Thema Ernährung eine sehr wichtige Rolle spielt; und das nicht nur im Zusammenhang mit der alternativen Marathonvorbereitung. Diesem, aus meiner Sicht zumindest genauso wichtigen Thema wie dem eigentlichen Marathontraining werde ich mich in weiteren Artikeln noch detailliert widmen.

Peter Buchmann

 

Foto: Pixelio.de, © Rike, „Läufer“, © J. Scholz, „Gewichtheber“, © Peter Smola, „ziel“

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